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Griechisch im Saarland: Gespräch mit der CDU im Landtag

Landtag-Saarland-Griechisch-2015

Wir sprachen mit der stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Fraktion, Frau Gisela Rink, sowie mit dem CDU-Landtagsabgeordneten Herrn Bernd Wegner und der wissenschaftlichen Mitarbeiterin der Fraktion, Frau Dr. Astrid Hub, am Dienstag, dem 15. September 2015, 11 Uhr

Sorge um Altgriechisch im Saarland

Seine Idee war es, mit Abgeordneten der verschiedenen in den Landtagen vertretenen Parteien ins Gespräch zu kommen. Das führte nun zum zweiten Gedankenaustausch: nach Absprache kamen Herr Dr. Meißnerals Vorsitzender des Griechisch-Ausschusses, Frau Siewert als 1. Vorsitzende des DAV Saar und Frau Catrein-Träm als Griechischlehrerin und Fachleiterin Latein mit den genannten Vertretern der CDU-Fraktion zusammen.

Herr Dr. Meißner stellte zunächst das Anliegen des Griechisch-Ausschusses dar und machte deutlich, dass es den Vertretern der Alten Sprachen vor allem um Offenheit für die gegenseitig vorgetragenen Argumente gehe und dass ihnen an einer ersten Verständigung über das gelegen sei, was jetzt sinnvoll und möglich erscheine, um zu verhindern, dass der Altgriechisch-Unterricht im Saarland unwiederbringlich verloren gehe. Den Vertretern der Alten Sprachen seien die Schwierigkeiten sehr wohl bewusst, die das „Orchideenfach“ Griechisch den Politikern gelegentlich bereite.

Sehr schnell wandte sich das Gesprächkonkreten Problemen zu.

Altgriechisch am Saarlouiser Gymnasium am Stadtgarten

Herr Dr. Meißner und Frau Catrein-Träm berichteten von einer für Griechisch äußerst bedrohlichen Entwicklung am Saarlouiser Gymnasium am Stadtgarten: Für Schülerinnen und Schüler, die den Zweig „Latein +“ gewählt haben, ist es dort nicht mehr möglich, Altgriechisch als Hauptfach zu wählen; eine Belegung ist nur noch als Arbeitsgemeinschaft möglich.

Den Kollegen wurde mitgeteilt, es gebe eine entsprechende Verordnung. Doch es fand sich bisher niemand, der diese Verordnung kennt! Ein im April 2015 abgesandtes Bittschreiben an den Kultusminister wurde noch immer nicht beantwortet. Frau Rink wird nachfragen, ob es eine solche Verordnung gibt.

Eine Rolle spielt hierbei möglicherweise auch eine bestimmte Interpretation des zwischen Frankreich und Deutschland 1963 geschlossenen Staatsvertrags. Dazu will Frau Rink ebenfalls genauere Erkundigungen einholen.

Die Vertreter der Alten Sprachen betonten in diesem Zusammenhang, dass sie keinesfallsGegner des Französischlernens seien. Im Gegenteil, sie betrachteten das Lernen der „Nachbarsprache“ gerade in der Grenzregion als sehr wichtig.

Altgriechisch am Ludwigsgymnasium Saarbrücken

Am Ludwigsgymnasium gibt es seit der Einführung von Englisch als zweiter Fremdsprache nur noch das Angebot, Griechisch in einer Arbeitsgemeinschaftzu lernen. Als Französisch noch zweite Fremdsprache war, konnten die Schülerinnen und Schüler dort ab Klasse 8 Griechisch und Englisch zusammen als Hauptfächer belegen (beides dreistündig). Dieses bewährte Modell gibt es an dieser Schule nicht mehr.

Viersprachige Gymnasialzüge: Französisch als Synergie-Partner

Mit Rücksicht auf die besondere Rolle, die das Fach Französisch im Saarland spielt, hatte ein Fachgremium, dem auch Frau Catrein-Träm und Herr Dr. Haffner vom Gymnasium am Stadtgarten angehörten, einen Vorschlag erarbeitet, der geeignet erscheint, zwischen Altgriechisch und Französisch Synergie statt Konkurrenz zu schaffen: Herr Meißner brachte diesen Vorschlag nun ein. Dieser sieht vor, zumindest an einigen wenigen Gymnasien viersprachige Züge einzurichten, die den Schülern, zeitlich versetzt, das Erlernen der vier Fremdsprachen Latein, Englisch, Altgriechisch und Französisch ermöglichen.

Ein solches Bildungsangebot – so Herr Meißner – existiere schon seit 2003 in Baden-Württemberg und habe sich dort bereits bewährt. Dort werde dafür der Name „Europäisches Gymnasium“ verwendet.

Bei diesem Bildungsangebot würden zunächst Latein und Englisch gelernt. Dann komme in Klasse 8 die dritte Fremdsprache, meist Altgriechisch, hinzu. Als vierte Fremdsprache folge dann in Klasse 10 Französisch. In Klasse 10 könnten die Schüler eine der ersten beiden Fremdsprachen ablegen; es sei aber auch möglich, alle vier Sprachen bis zum Abitur beizubehalten.

Herr Meißner unterstrich, dass dieses Modell selbstverständlich an die saarländischen Verhältnisse angepasst werden müsse.

Die Bezeichnung „Europäisches Gymnasium“ bringe zum Ausdruck, dass dieses Bildungsangebot, neben modernen europäischen Sprachen, auch die beiden alten Sprachen Latein und Griechisch umfasse, die den Zugang zu den kulturellen Grundlagen gemeinsamer europäischer Identität erschließen.

Damit können begabte Schüler besonders gefordert und gefördert werden – darin waren sich die Vertreter der CDU-Fraktion und der Alten Sprachen einig.

Mitverantwortung der Schulleitungen und der Landesregierung

Deutlich wurde im Gespräch auch, dass für den Erfolg eines solchen Bildungsangebotes der Beitrag der Schulleitungen von besonderer Bedeutung ist. Auch zu diesem Punkt will Frau Rink Gespräche führen.

Einig war man sich ebenfalls darin, dass eine Landesregierung nicht aus der Verantwortung dafür zu entlassen ist, ob kommende Generationen von dem Schulfach Altgriechisch und dem Bildungspotential, das in ihm steckt, profitieren können oder nicht.

Das Ungenügen des Budget-Systems

Größeren Raum nahm in dem Gespräch die Problematik des Budget-Systems ein: Dieses System der Zuteilung von Lehrerstunden an die Schulen habe die Tendenz, alle als anspruchsvoll geltenden Wahlfächer, also auch Altgriechisch, in die Defensive zu treiben. Mit dem Budget-System werde die Verantwortung für ein bedrängtes Fach vom Kultusministerium auf die Schulen abgewälzt. Schwierig könne die Situation eines solchen Faches dann werden, wenn das Ministerium auf die Schulleiterstellen Personen berufe, denen das betreffende Fach wenig oder nichts bedeute.

In anderen Bundesländern, etwa in Bremen und Rheinland-Pfalz, habe man aus diesem Ungenügen des Budget-Systems die Konsequenz gezogen, dass die Schulen für die Einrichtung kleiner Altgriechisch-Kurse Sonderzuweisungen erhalten. Gerade im Saarland, wo es um Sein oder Nichtsein dieses Schulfaches gehe, seien Maßnahmen, die den Bestand dieses Faches sichern, unentbehrlich.

Korrekturbedarf: Fachaufsicht ohne Fachkompetenz

Ein weiteres saarländisches Problem wurde in aller Offenheit angesprochen: Im Kultusministerium gibt es schon seit vielen Jahren niemanden mit FakultasLatein/Griechisch, der insbesondere für das Hauptfach Latein die Fachaufsicht ausübt.

Die Forderung nach einer Fachkraft in dieser Position ist den Altphilologen ein großes Anliegen; dieses Anliegen traf bei den Vertretern der CDU-Fraktion auf Verständnis.

Dank

Wir danken Frau Rink, Herrn Wegner und Frau Dr. Hub sehr für die Offenheit, mit der sie auf unsere Sorgen eingegangen sind, und ganz besonders für ihre Bereitschaft, sich im Rahmen der Möglichkeiten um die genannten Probleme zu kümmern.

Ein besonderer Dank geht vom DAV Saar an Herrn Dr. Meißner, der sich nicht zum ersten – und auf keinen Fall zum letzten Mal – für unsere Belange im Saarland eingesetzt hat!

Christiane Siewert