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Medea – Tag der Alten Sprachen und Theateraufführung

DSC00340Am 14.03.2017 fand der Tag der Alten Sprachen des Landesverbandes Saar im Deutschen Altphilologenverband in Zusammenarbeit mit der Universität des Saarlandes und dem LPM statt.

Die „Arbeit am Mythos“ war ausschließlich Medea gewidmet – eine der schillerndsten Persönlichkeiten des griechischen Mythos.

So informierte zunächst Prof. Dr. Bernhard Zimmermann überzeugend über die unterschiedlichen Darstellungen des Stoffes in der antiken Tragödie. Nicht nur Euripides, sondern auch viele andere Autoren haben den hochdramatischen, tragischen Stoff bearbeitet.

PD Dr. Udo Reinhardt stellte dann die mythische Person und das Geschehen um sie herum in vielen Bildern vor – von der Vasenmalerei über römische Sarkophage bis zum modernen Plakat: immer wieder erwies sich, dass die Medea – Geschichte sehr viel Ausgestaltung in der bildenden Kunst erfuhr.

Ein anderes Herangehen an den antiken Stoff in der Moderne stellte Frau Prof. Dr. Patricia Oster-Stierle vor: nach kurzem Eingehen auf Anouilh war es besonders der Film von Pasolini, der ganz neue Facetten des Umgangs mit dem Mythos bot.

Wortreich stellte dann Prof. Dr. Thomas Schirren die Rhetorik der Inszenierung am Beispiel des Medea-Stoffes dar.

Den Abschluss der hochkarätigen Vortragsreihe machte ein „Praktiker“: Meinhard Zanger, der Intendant des Wolfgang-Borchert Theaters in Münster, stellte anschaulich vor, wie er selbst antike Stoffe in deutschen Theatern erlebt, gespielt und inszeniert hat. Eine Kostprobe für eine moderne Fassung des König Ödipus war dann Bodo Wartkes Fassung dieses Stoffes in Knittelversen: Herr Zanger mimte die verschiedenen Rollen so gekonnt, dass er mit großem Applaus bedacht wurde.

Am Abend des 14.03.2017 fand die Premiere von Christian Klees‘ „Medea – Das arglose Mädchen“ in der Alten Feuerwache in Saarbrücken statt. Sowohl diese als auch die folgenden Aufführungen konnten vor ausverkauftem Haus stattfinden. Zur Premierenvorstellung hatten sich auch Referenten und Teilnehmer des TAS eingefunden.

Vor der Aufführung wurde Jana Ludwig, die beim Bundeswettbewerb Fremdsprachen 2016 den ersten Preis gewonnen hat, in Beisein des Kultusministers Ulrich Commerçon und der Vorstandsmitglieder Prof. Dr. Peter Riemer und Christoph Müller von der 1. Vorsitzenden des DAV Saar für ihre großartige Leistung geehrt: Sie erhielt vom DAV Saar eine Ehrenkarte für die Theateraufführung und einen Büchergutschein. Sie hat mit drei Fremdsprachen geglänzt: Englisch, Französisch und Latein, das für sie erst die 3. Fremdsprache war.

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Pünktlich begann dann das Spiel, in dem die studentischen Laienschauspieler  eine herausragende Leistung zeigten.

Verblüffend zunächst, dass vor einem weißen Vorhang nur ein einsamer Stuhl lag und dass zwei Penner die ersten waren, die auf die Bühne kamen. Schnell konnte man dann aber erkennen, dass Medea als Ausgestoßene zu dieser Menschengruppe in Korinth gehörte, die sie als Königstochter immer freundlich behandelt hatte.

Im Laufe des Stückes wurden die „tragischen Verwicklungen“ immer deutlicher:

 Jason, der Held, der sich gar nicht heldenhaft entfalten kann: er braucht in Korinth Glauke, die Tochter des Königs Kreon, um  eine gesellschaftliche Position zu erlangen. Eigentlich noch Medea , will er ihr die Möglichkeit geben, mit den Kindern Korinth zu verlassen. Doch als feststeht, dass Glauke keine Kinder bekommen kann, rückt er von seinem Versprechen ab und setzt so die letzte Phase in Gang.

Medea, das arglose Mädchen, das schon immer besondere Kräfte hatte, aber sich trotzdem als  Opfer der „Umwelt“ sieht: sie nennt gute Gründe für ihre ersten Verfehlungen, die aber doch Straftaten bleiben. Nur die Amme nimmt sie immer in Schutz: Für König Kreon sind ihre Argumente nicht überzeugend. Dennoch gewährt er ihr Aufschub.

Am Ende ist Medea dann keineswegs mehr das „arglose Mädchen“: sie nutzt ihre magischen Kräfte voll aus: Durch das Gift aus dem Kleid, das sie Jason für Glauke als Geschenk gibt, verbrennt diese und mit ihr ihr Vater Kreon, der sie retten will. Jason greift nicht ein, sondern beklagt danach nur sein Schicksal.

Medea hat ihn doppelt getroffen: auch die Kinder sind durch Gift gestorben. Sie selbst aber weiß, wie sie sich entziehen kann: Sie bringt sich – so scheint es – um, aber als „Giftmischerin“ kennt sie die unterschiedliche Dosierung des Giftes – und so kann sie dann aufstehen, die Penner für sich gewinnen, die ihr entsprechende Kleidung schenken, in der sie im Nebel verschwindet.

Der Wachmann zeigt sich als ausgleichende Person: so nimmt er die Amme, der sonst nichts als Trauer bleibt, mit zu sich nach Hause, in seine intakte Familie.

Viele Anklänge gab es in diesem neuen Medea-Stück und seiner Inszenierung, die den alten Stoff als höchst modern erscheinen lassen: Christian Klees hat wieder ganze Arbeit geleistet!

Christiane Siewert